Sonntag, 17. Juli 2016

17.07.2016 Abschluss einer langen, langen Reise

Gegen 00:40 fährt die Bimmelbahn in den Bahnhof von Göttingen ein. Hier ist nun Betriebsschluss. Eine Weiterfahrt wäre erst in aller Herrgottsfrühe möglich.

Darüber muss ich mir zum Glück jedoch keine Gedanken machen. Meine liebe Aenne ist so nett und holt mich höchstpersönlich ab.
Eine nun zweistündige Autofahrt nach Hause gibt erste Möglichkeit von den vielen Dingen zu berichten, welche trotz täglichem Kontakt dann doch auf der Erzählstrecke bleiben.

Wir sind beide froh, dass wir wieder beieinander sind und freuen uns auf die nächsten Wochen.

Mit meiner Ankunft in Böddenstedt endet nun auch die Zeit des Unterwegsseins.
Ich bin froh, dass ich langsam wieder zur Ruhe kommen kann und endlich auch Zeit finden werde all die gesehenen, gehörten, gerochenen oder geschmeckten Eindrücke der letzten acht Wochen langsam wieder verarbeiten zu können.
Dafür werde ich mir viel viel Zeit nehmen und noch lange davon geniessen.


Damit endet nun auch dieser Blog. 


Allen Freunden, Bekannten und Familienangehörigen, die mich tapfer gedanklich und mit aufmunternden Worten auf dieser Tour begleitet haben, danke ich herzlich.

Ganz besonderer Dank geht natürlich an meine Liebste, die mich so tapfer diese Zeit entbehrt hat und mir bei der Erstellung dieses Blogs geholfen hat. Ohne sie hätte es nicht so viele Bilder und  keine so zeitnahe Blogveröffentlichung gegeben.

Ich hoffe ich konnte ein wenig der erlebten Impressionen vermitteln, habe niemanden zu sehr gelangweilt und vielleicht bei der einen oder dem anderen Leser etwas Lust geweckt mal wieder aufzubrechen und die Welt aus der Perspektive der Nähe zu erleben.
Es ist einfach so viel vielfältiger und bewegender als die Betrachtung per TV oder Internet.

Euch allen eine gute nächste Zeit.


Euer "Bis-zum-salzigen-Ende"-Radler

Eike

Samstag, 16. Juli 2016

16.07.2016 Abschied vom Camino...


Route: von Santiago bis nach Hause

Zum Glück fängt ab heute wieder ein etwas anderer Rythmus in meinem Leben an. Da macht es auch nichts aus, dass während der Nacht noch der eine oder andere Pilger aus dem Nachtleben zurückkommt und zusammen mit der einen Schnarcherin mit Übergewicht noch zu einem kleinen Schnarcherchor wird.

Gegen Acht Uhr erhebe ich mich langsam. Da noch immer die meisten pennen, schleppe ich meine ganzen Sachen auf den Flur und fange an alles umzusortieren. In die eine Satteltasche kommen die Sachen, welche ich heute mit nach Hause nehmen will. In die andere die Sachen, die ich die nächsten Tage nicht brauche.

Zwischendurch mache ich eine kleine Frühstückspause im Garten der Herberge, trinke einen Kaffee und verputze meine letzten Essensreste.
Frühstückspause im Garten der zurückgelassenen Wanderstöcke...

Nachdem ich alles sortiert und gepackt habe deponiere ich mein Reisegepäck bei der Herberge und fahre mit meinem Rad und einer Satteltasche zu einem Internetcafe. Dort erledige ich meinen Online Check-In für meinen nachmittäglichen Flug. Im Anschluss geht es dann zur Post. Diese ist hier in Santiago voll auf das Pilgerwesen eingestellt.
Hier kann man nicht nur seinen Rucksack zwischenparken, während man die Kathedrale besucht (Nach den Anschlägen von Paris ist das Betreten der Kathedrale mit Gepäck nicht mehr möglich), sondern auch jegliche Form von Gepäck aufgeben. Sei es nun der Wanderrucksack, das Fahrrad oder der Wanderstock, den man im Flugzeug nicht mitnehmen kann.

Ich gebe hier mein Rad auf, helfe dem netten Kollegen von Correos (spanische Post) noch beim Einpacken in den Karton. Ich muss dann doch einige Teile meiner Anbauten abnehmen, damit es in den Standardkarton passt. Dann noch die Satteltasche mit hinein und die Hoffnung, dass alles bald und gesund bei mir Zuhause ankommt.

Dann zurück zur Herberge, Gepäck abholen und wieder in die Stadt. Dort kaufe ich noch ein paar Mitbringsel und geht es auch schon zum Busbahnhof, der mich dann zum Flughafen von Santiago bringt.

Ein ganzer Bus voller Pilger, die sich auf den Weg nach Hause machen
Nach dortigem Check-In und noch etwas Wartezeit geht es zum Flieger. Mit etwas Verspätung, wegen einer Überflugsperre über Frankreich, startet mein Flug gegen 16:30 Uhr.

Mein Flieger wartet schon...

Bei einer kleinen Kurve und klarer Sicht erblicke ich noch ein letztes Mal die Kathedrale von Santiago und ein paar der kleineren und größeren Landstraßen auf denen ich in ähnlicher Form die letzten Wochen unterwegs war.

Ein letzter sehnsüchtiger Blick auf Spanien...

Dann erblicke ich das Meer unter mir und lasse damit Spanien hinter mir.

Gegen viertel vor Sieben landen wir in Frankfurt-Hahn, dem kleinen Flughafen in Südhessen, der von RyanAir angeflogen wird um so die günstigen Preise zu ermöglichen.
Dann geht es per Bus über Frankfurt-Flughafen (eine ganz andere Flughafendimension) zum Frankfurter Hauptbahnhof.
Dort steige ich in die Regionalbahn nach Kassel und um kurz nach 23:00 Uhr in die noch kleinere Bimmelbahn umzusteigen. Hier endet mein heutiger Tag, der damit noch lange nicht zu Ende ist..!!!

Freitag, 15. Juli 2016

15.07.2016. Der Sonne entgegen und berühmte letzte Male...

Bisherige Km: 5.349
Heutige Km: 86
Gesamt-Km: 5.435


Strecke von Muxia zurück nach Santiago de Compostela

Obwohl ich eigentlich schon an einem Endpunkt angelangt bin, gibt es nach wie vor morgendliches Packen. Ausser mir, der sich auf den Weg zurück nach Santiago macht, gibt es einige mit selbigem Ziel, die den frühen Bus gegen 6:45 Uhr erreichen wollen. Andere setzen die Reise fort, indem sie der Küste südwärts in Richtung Finisterre folgen.

Blick zurück auf Muxia im Morgengrauen
Dieses ist die zweite Möglichkeit für all die, die mit der Ankunft in Santiago noch nicht genug haben.
Ich folge der Straße aus Muxia hinaus und fange die Hügel, die ich am Tag zuvor bewältigt habe, wieder von hinten abzuspulen. So kämpfe ich mich nun von fast Meereshöhe wieder mehrmals auf über 400 Meter hinauf.


Von 0 auf über 400, und das heute nicht nur ein Mal!!!
In der Mitte der Strecke entschließe ich mich noch mal ein wenig dem eigentlichen Pilgerweg zu folgen. Dabei bin ich überrascht, wie viele Pilger (ich zähle über 100 auf nur einem Bruchstück dieser Strecke) den Weg an die Küste nehmen. Ob nun Finisterre oder Muxia, beide Orte sind mindestens 2 Tagesetappen entfernt. Aber der Anteil der spanischen Pilger ist um einiges geringer.

Ein letzter Blick zurück auf Landschaft, Straße, Seen und all das was mir bestimmt bald fehlen wird....
Schon am Morgen konnte ich spüren, dass es heute heiß wird. So kämpfe ich mich nicht nur bei höheren Temperaturen voran, sondern auch einige Kilometer mehr als auf der Hinfahrt zurück nach Santiago. Heute ist das erste Mal, dass mir beim Fahren die Sonne direkt ins Gesicht scheint. Die letzten acht Wochen ging es entweder nach Süden, nach Westen oder nach Norden. Heute geht's einfach mal eine Etappe nach Osten.
Kurz nach vier erreiche ich Santiago und bin echt froh, dass ich bereits am Morgen schon ein Bett im selben Hostel wie Vorgestern über das Internet gebucht habe.
Dieses Wochenende ist nämlich Jahrestag in Santiago und viele viele Besucher kommen deshalb zusätzlich in die Stadt. Dieses Mal wimmelt es richtig in der Herberge und alle Betten sind belegt. Sogar der Frühstücksraum ist jetzt mit Betten belegt. Zum Glück hat die Herberge einen großen Garten, wo sich jetzt das Leben abspielt.
Nach den vielen letzten Malen wie: zum letzten Mal Hügelklettern, zum letzten Mal meine Getränkevorräte auffüllen, zum letzten Mal Frühstückspause folgt in der Unterkunft zum letzten Mal etwas Wäschewaschen oder zum letzten Mal Matratze und Kopfkissen mit Einmalbettwäsche beziehen.
Für den Abend habe ich mich mit meiner "Camino-Etappenbegleiterin" Cristina verabredet. Wir wollen uns ins Gewühl von Santiagos Sträßchen und Plätzchen stürzen.
Wir fangen an der Kathedrale an und passieren die “Heilige Türe“. Diese wird eigentlich immer nur dann geöffnet, wenn der 25. Juli (Namenstag Jakobus) auf einen Sonntag fällt. Das sogenannte Heilige Jahr. Das letzte war 2010 und das nächste wäre erst 2021. Doch da der Pabst außer der Reihe dieses Jahr zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ernannt hat, ist die Kathedrale in dieser Zeit auch durch diese Türe zu betreten.
Dann besuchen wir das Grab des Apostels Jakobus und hätten gerne auch an der Heiligen Pilgermesse teilgenommen. Doch dafür sind wir leider durch die falsche Türe gekommen. Man lässt uns nicht in den anderen Kirchenbereich.
Seit den Anschlägen von Paris wurden die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verschärft. Heute kommt kein Pilger mehr mit seinem Rucksack in die Kathedrale.
Die Spanische Post hat extra eine Aufbewahrungsstelle eingerichtet in welcher die Gepäckstücke geparkt werden können.
Dann bummeln wir durch die Sträßchen und Gäßchen. In keiner der Großstädte, durch die ich bisher gekommen bin gab es solch ein Gedrängel. Und es ist mittlerweile weit nach zehn. Aber das interessiert hier keine Familie. Ob Baby, Kleinkind oder Senior und alles dazwischen ist unterwegs.

Leckeres Essen mit Cristina: Pinchos (unterschiedliche kleinere Speisen)
Besonders lecker die kleinen gerillten Paprikas.

Nach einem leckeren Abendessen besuchen wir noch mal den großen Platz vor der Kathedrale. Dort wurde eine große Bühne aufgebaut auf der eine galicische Musikgruppe spielt. Der Platz ist voll und die Menschen sind begeistert. Einige tanzen in der lauen Nacht.

Livekonzert einer Gruppe aus Galicien mitten auf dem großen Platz, auf dem Tagsüber hunderte von glücklichen Pilgern aufschlagen...

Gegen zwölf machen wir uns auf den Weg zurück zur Herberge, da Christina Morgen früh für ihren Trip in Richtung Muxia fit sein will.

Nächtlicher Blick auf die Kathedrale

Ich bin auch geschafft und lege mich schlafen. Zumindest versuche ich es. In meinen vollbelegten 8er-Zimmer gibt es heute etliche Schnarcher.
Mir ist es heute egal, ich kann ja Morgen ausschlafen...

Donnerstag, 14. Juli 2016

14.7.2016 Auf zum Sahnehäubchen...

Bisherige Km: 5.274
Heutige Km: 75
Gesamt-Km: 5.349

Strecke von Santiago bis nach Muxia.
Nach einem leckeren Abendessen mache ich noch einen kleinen Bummel durch das nächtliche Santiago. Überall ist noch Leben und es ist nachzuvollziehen, dass viele der Pilger, die gestern hier angekommen sind, heute Nacht nicht wie sonst an das frühe Aufstehenmüssen denken.
Und allen wird etwas geboten. Hier ein Opernsänger, der unter einem Torbogen sein Bestes gibt, dort eine Gruppe verkleideter Musiker, die Ihre Lieder zum besten geben und die Menschen anziehen.

Da ich jedoch heute noch eine kleine Tour vor mir habe, begebe ich mich dann doch in mein Hostel um zu schlafen. Eine ruhige Nacht wird das jedoch nicht. Immer wieder kommt einer meiner Zimmergenossen zurück und macht Lärm. Oder es poltert eine Gruppe anderer Bewohner durch das hellhörige Treppenhaus mit seinen Holzstufen.
Gegen vier Uhr macht sich dann der erste wieder auf den Weg. Ich denke jedoch, dass er nicht zu pilgern so früh aufsteht, sondern weil wahrscheinlich sein Flug früh vom Flughafen losgeht.

Ich schaffe es dann doch noch zwei Stündchen zu schlummern bevor ich aufbreche. Dieses Mal bin ich es nun leider der raschelt und vielleicht den einen oder anderen beim Weiterschlafen hindert.
Auch wenn ich meine Sachen auf den Flur schleppe um sie dann dort zu packen, ganz ohne Geräusche geht es halt nicht.

Gegen sieben Uhr verlasse ich Santiago in Richtung Westen. Ich folge der Landstraße, die mich erst mal in den nächsten ca. 20 km entfernten Ort Negreira bringt. Hier bin ich auch schon 2012 auf meinem Weg nach Finisterra hindurch gekommen. Da dieses nun doch schon etwas länger her ist, kann ich nicht sagen, ob sich viel verändert hat. Die Herberge von damals gibt es zumindest noch.
Überall in den Gärten zu finden in Galicien. Stammkraut für das hiesige Nationalgericht Sopa Galego.

Eukalyptusbaumhaine.
Dann geht es weiter Richtung Meer. Dichte Wälder begleiten mich weiterhin. Doch der Anteil an Kiefern geht immer mehr zurück. Eukalyptusbäume gewinnen immer mehr die Oberhand, je weiter ich zur Küste kommen. Diese wachsen dort nicht zufällig, sondern sind bewusst in Schonungen angepflanzt. Überall sehe ich Neuanpflanzungen. Auch komme ich immer wieder an kleinen Seen vorbei, welche die Landschaft auflockern.
Immer mal wieder ein schöner See, links mit Kiefern, rechts Eukalyptus
 Eine andere Auflockerung, die mir nicht ganz so gefällt, sind natürlich die vielen Hügel und Täler, die ich am laufenden Band durchfahren muss. Aber ohne Fleiß kein Preis sage ich mir und einfach die Zähne zusammenbeißen.

Bis auf zwei Stops (Einkaufen und das eingekaufte verfrühstücken) mache ich heute keine großen Halts.
Ca. 15 Kilometer vor der Küste drehe ich dann nach Nordwesten ab fahre nun in Richtung Muxia.
Die letzten 4 Kilometer folge ich sogar dem Pilgerweg, der natürlich wieder ganz harmlos mit einer asphaltierten Strecke anfängt und dann irgendwann in den kleinen unebenen Weg übergeht. Egal sage ich mir und schiebe eben zwischendurch mein Rad über die holprigen Stellen mit den großen Steinen.
Da es bergab geht ist das nicht ganz so schlimm.
Die letzten Meter des Fußweges vor Muxia, mal wieder recht abenteuerlich und märchenhaft.

Auf den letzten Metern eben dieser Waldstrecke öffnen sich plötzlich die Bäume und geben den Blick auf das Meer und mein Ziel mitsamt seinem kleinen Hafen frei. Jetzt sind es nur noch knapp zwei Kilometer bis nach Muxia.
Blick auf Muxia.
Ich radle durch den kleinen Fischerort und überall sehe ich Pilger. Hier fallen sie wieder auf, nachdem sie in Santiago längst zum Alltag gehören. Nachdem ich bei meiner ersten Anfrage nach einem Bett eine Absage wegen dicht erhalte wird mir auch klar, weshalb es hier so viele Herbergen gibt. Zum Glück trägt mein zweiter Versuch Früchte und ich finde ein Bett in einer recht modernen Anlage.
Das Ziel meiner heutigen Strecke.
Mal wieder ein kleiner Hafen.
Nach den üblichen Tätigkeiten, die so nach dem Erreichen einer Herberge anstehen, Auspacken, Bett mit Einmalbettwäsche beziehen, Duschen, Wäschewaschen, eine Kleinigkeit essen, ein Stündchen dösen oder Blog schreiben, schwinge ich mich heute noch mal kurz aufs Rad und fahre ein klitzekleines Stück weiter.

Ca. 1 Kilometer weiter nördlich liegt der kleine Leuchturm von Muxia sowie die Wallfahrtskirche Virgen de la Barca.
Das "Salzige Ende" meiner Reise. Blick auf den nördlichsten Punkt von Muxia mit Leuchtturm, Kirche und Denkmal.
Und hier geht es nun nicht mehr weiter. 

Ich bin nach acht Wochen angekommen an SALZIGEN ENDE meiner Reise.

Ich klettere noch etwas über die riesigen Felsen drumherum, mache Fotos, beobachte andere Pilger und setze mich eine Weile in die Kirche in den Abendgottesdienst um innezuhalten und für den guten Verlauf meiner langen Reise zu danken...
Ich bin angekommen!!!

Mittwoch, 13. Juli 2016

13.07.2016 Endspurt vor dem salzigen.....

Bisherige Km: 5.173
Heutige Km: 84
Gesamt-Km: 5.247


Route: Oseira bis nach Santiago de Compostela
Nachdem es heute Nacht zum ersten Mal nicht zu warm war, dafür hatten die heiligen Schlafhallen des Klosters einfach zu dicke Wände, wache ich etwas erholter als sonst auf.
Heute bin ich es, der mal die anderen durch sein Rascheln beim Einpacken beim Weiterschlafen hindern muss. Lediglich meine gestrige Pilgerbegleitung Cristina lässt sich jedoch davon beeindrucken und verlässt ihre Matratze.
Nachdem ich fertig gepackt habe verabschiede ich mich von ihr und wir wünschen uns einen Buen Camino.
Morgendlicher Blick zurück auf das Kloster von Oseira


Kurz vor Sieben verlasse ich im ersten Licht des Tages das Kloster und werfe noch einen letzten Blick darauf zurück. Da der Ort etwas in der Wildnis liegt, muss ich erst ein paar Haken zwischen kleinen Dörfchen schlagen um in Richtung Bundesstraße zu kommen. Doch dann hat mich die Straße wieder und ich beginne mein gewohntes Programm abzuspulen. Straße hoch und dann wieder runter.
Dabei muss ich noch ein paar Mal die 800-Grenze überradeln, bis dann ganz ganz langsam bergab geht.
Einer der letzten Gipfeln

Zum Glück hatte ich bereits im Kloster meine Jacke angezogen. Der Himmel ist zwar wolkenfrei und die Morgensonne bereits über die Hügel geklettert und trotzdem sind hier derzeit die morgendlichen Temperaturen so frisch, dass ich meine Finger nicht mehr spüren kann.
Erst so ab neun wird es langsam etwas angenehmer. Während einer kleinen Frühstückspause ziehe ich mir zwar die Jacke aus, doch ein Weiterfahren ohne ist auch dann nicht möglich. Immer wieder kommt kühler Wind auf.

So friere ich mich bis kurz vor Santiago durch. Hier verlasse ich die Landstraße und versuche die letzten Kilometer bis zum Ziel meiner Pilgerreise noch mal den Wegsteinen zu folgen. Mittlerweile ist in Ihnen sogar die tatsächliche Strecke bis zur Kathedrale eingraviert.
Die üblichen Wegsteine, hier einer mit Restkilometerangabe

Einen letzten Streich spielen mir jedoch die spanischen Autobahnrestaurierer. Durch eine kleine Baustelle machen sie mir als Radfahrer noch mal so richtig das Leben schwer. Ich muss über eine schotterige Strecke mein Rad bis zu einer kleinen Ersatzbrücke hinaufschieben. Nicht nur mir geht dabei oft der feste Tritt verloren, auch das Rad rutsch immer wieder weg. Mit letzter Anstrengung schaffe ich es bis nach oben.
Sch... Autobahnbaustelle
Dann geht es langsam durch kleine Vororte weiter. Irgendwann erkenne ich zwischen den Häuserfronten die Türme der Kathedrale. Nun kann es nicht mehr weit sein.
Die Türme der Kathedrale erscheinen am Horizont
Als ich den Stadtkern erreiche, erkenne ich sogar die eine oder andere Gasse wieder. So finde ich ohne Probleme bis zum großen Platz vor der Kathedrale.

Hier tummeln sich schon viele andere Pilger, die kurz vor mir dort angekommen sind. Es herrscht ein aufgeregtes Treiben und die anderen werden sich sicherlich ähnlich fühlen wie ich.
Nachdem ich dort eine Weile verbracht habe mache ich mich auf zum Registrierungsbüro für Pilger um mir meine Compostela, die offizielle Urkunde dafür, dass man die Pilgerstrecke geschafft hat, zu erhalten.

Dann gehts wieder zurück zum großen Platz und ich besorge mir eine Unterkunft für die heutige Nacht. Die ist schnell gefunden, denn trotz der Unmengen von Touristen und Pilgern, gibt es hier eine Menge Übernachtungsmöglichkeiten.

Nachdem ich nun hier die letzten Zeilen für heute getippt habe, geht es für mich zu einem bestimmt leckeren Geburtstagsessen. Das habe ich mir heute mal verdient.

Dienstag, 12. Juli 2016

12.07.2016. Entschleunigung ist heute angesagt.

Bisherige Km: 5.138
Heutige Km: 35 (davon 5 geradelt, 30 zu Fuß)
Gesamt-Km: 5.173
Route: Ourense bis Oseira
Als ich heute Morgen den Wecker eines der anderen Pilger in meinem Schlafsaal höre, ist es bereits halb Sieben. Da ich mir jedoch für heute kein festes Ziel vorgenommen habe, ist das kein Problem für mich.
Ich habe meine Ankunft in Santiago für Morgen eingeplant und so bleibt mir genügend Raum meine Etappen einzubauen.
Ich verlasse nach den Fußpilgern als letzter kurz nach Sieben die Herberge. Auf der Suche nach dem richtigen Weg aus der Stadt komme ich noch mal kurz durch die verwinkelten Ecken der Altstadt. Die habe ich bereits gestern Abend erlebt, als ich eine kleine Stadtbesichtigung gemacht hatte. Nur ist es jetzt einsam, während es gestern Abend dort wie in einem Ameisenhaufen war. Was für ein Gewusel. Und was für ein Geräuschpegel.
Irgendwann gelange ich mal wieder an die Schnellstraße und damit zügig an die Stelle, wo der Camino wieder weitergeht.
Irgendwann überhole ich ein paar der Fußpilger von heute Nacht wieder, welche einen anderen Weg aus der Stadt gefunden haben.
Dann führt mich der Weg auf eine Straße, die aus dem Talkessel in dem Ourense liegt. Diese hat die fießeste Steigung, die ich auf meiner ganzen Reise hatte. Knapp zwei Kilometer muss ich nun mein Rad den Hügel hinauf schieben. An Fahren ist nicht zu denken. Selbst die Autos haben hier Schwierigkeiten.
Meine Morgenherausforderung! Nein, nicht das Runterfahren, sondern die fast 2 Km bis zu diesem Schild.
Oben angekommen ruhe ich mich ein wenig aus, als ich schon eine der Pilgerinnen den Hang hochkommen sehe. Wir kommen ins Gespräch und da sie einen anständigen Schritt am Leib hat begleite ich sie eine Weile. Da das Gespräch kurzweilig ist und sie mir einiges über die Gebiete erzählen kann, durch welche ich in den letzten Tagen gekommen bin, entscheide ich mich sie weiter zu begleiten. So werde ich vom Radpilger zum Fußpilger.
Cristina, meine heutige Begleiterin und Fee im Märchenwald.

Dass dieses eine gute Entscheidung war merke ich recht schnell, den normal wäre ich weiter auf der Landstraße gefahren und hätte eine tolle Gegend verpasst.
Beim Radschieben durch den Märchenwald...
Der Fußweg führt nämlich durch märchenhafte Waldgebiete. Ganz schmale, von kleinen Mäuerchen eingefasste Wege bringen mich voran. Die Mauern sind urig von Moos überwuchert und man kommt sich vor wie in einem Fantasyfilm. Ok, nicht immer ist der Weg geeignet ein Rad zu schieben, aber das Erlebnis rechtfertigt die zusätzliche Anstrengung.
Einer der Baumhirten im Märchenwald.
Der erste größere Ort ist Cea. Dieses Örtchen ist bekannt für sein besonders leckeres Brot. Jährlich gibt es sogar ein eigenes Brotfest, dass dort an einem Wochenende om Juli gefeiert wird.
Brotbackdenkmal in der Brotbäckerstadt Cea.

Pilgerbrunnen mit Goldfischbesatz.
Von hier aus schiebe ich mein Rad noch mal neun Kilometer weiter bis nach
Oseira.
 Dort gibt es ein riesiges altes Zisterzienserkloster mit einer Herberge für Pilger. Dort werde ich heute nächtigen.
Das Monasterio(Kloster) von Oseira. Blick auf die Fenster der Zimmerchen, die für Interessierte Besucher vermietet werden, die mal ein paar Tage in Klausur gehen wollen.
Untergebracht bin ich in einem riesigen Saal mit einer hohen Kuppeldecke. 
 Ein seltsames Gefühl.
Schlafraum in einem Klostergewölbe.
Am Abend gibt es noch eine Führung durch den begehbaren Bereich des Klosters indem immerhin noch 11 Mönche leben. Und später dann die Teilnahme an den abendlichen Chorgesänge eben dieser Mönche.
Klosterkirche und Klostereingang.


Ein schöner und interessanter Tag.

Sonntag, 10. Juli 2016

11.07.2016. Mal langsam....

Bisherige Km: 5.062
Heutige Km: 76
Gesamt-Km: 5.138
Route: Verin bis Ourense
Auch wenn es etwas seltsam war ganz alleine in einer großen Herberge zu übernachten, wache ich gut geschlafen auf.
Da ich guter Hoffnung bin am heutigen geplanten Zielpunkt wieder eine gute Herberge anzutreffen, und es bis dahin nur knapp achtzig Km sind, will ich es heute mal etwas gelassener angehen lassen.
So starte ich entspannt um kurz vor sieben zur ersten Kurzetappe. Da ich gestern durch die Etappe über die Bundesstraße nach Verin vom eigentlichen Camino abgekommen bin, geht es erst mal wieder in diese Richtung.
Da ich nicht mehr genau weiß, ob ich es bereits erwähnt habe, ich bin vor drei Tagen von der Via de la Plata auf den Camino Sanabrés umgestiegen. Hierbei handelt es sich um einen der alten königlichen Kommunikationswege zwischen den Gebieten Leon und Galicien. Als dann noch im Mittelalter einer der vielen Könige auf diesem nach Santiago pilgerte, etablierte er sich auch langsam als Pilgerweg. Er ist einer der Wege, welche nicht in den klassischen Camino frances münden. Den Hauptteil bewegt man sich durch die Region Galicien. Dieses grenzt an Portugal und ist vor allem sprachlich hiervon beeinflußt. Das Galego ist eine eigenständige Sprache, die hauptsächlich noch von der älteren Generation gesprochen wird. Dennoch ist sie auch im Alltag präsent. Viele Begriffe werden anders ausgesprochen und auch im öffentlichen Bereich anders dargestellt.
Machte eine Bank in Zamora, da war ich noch in der Vereinigten Region Leon und Kastillien, auf spanisch auf ihren Schaufensterplakaten Werbung, so entdeckte ich heute die gleichen auf Galego.
Doch nun wieder zurück zu meiner heutigen Tour. Von Verin (Höhe ca. 400 m) aus folge ich dem Fluss Támega, bis ich im Ort Laza ( Höhe ca. 480 m) wieder auf den Camino stoße. Bis auf die Morgenkälte, die mich auch heute wieder dazu nötigt meine Jacke anzuziehen, eine entspannte Fahrt.
Von hier aus geht es nun aber daran den im Westen liegenden Bergrücken zu überwinden. 
Kiefern und Farn bis zum Horizont...
Der ist ca. 950 Meter hoch und so kämpfe ich mich durch eine Steigungskurve zur nächsten. Bis kurz vor dem Gipfel umgeben mich geschlossene Kiefernwäldchen mit Farngebüsch. Je höher ich komme, umso kräftiger bläst ein kühler Wind. Oben erwartet mich eine langgezogene Hochebene, die ich erst durchfahren muss. Langsam geht es ann wieder hinunter. Als für einen kurzen Moment die Sonne durch eine Wolkenlücke scheint, nutze ich die Gelegenheit um etwas zu frühstücken und mich aufzuwärmen.
Die Wolkendecke, welche sich erst im Laufe des Morgens gebildet hatte, hält stramm bis gegen eins an.
Morgenstimmung: Ferne Gipfel mit Wolkenhäubchen


Erst dann ist es warm genug um meine Jacke wieder auszuziehen.
Jetzt geht es langsam wieder hinunter. Ich passiere viele kleine Bergdörfchen bis ich am Ende an meinem Zielort Ourense mit eine Höhe von ca. 150 Metern ankomme. Die Herberge, in einem alten Gebäude des Franziskanerordens, ist fast so nett wie in Verin. Und einsam bin ich heute Nacht auch nicht. Hier hat es noch fünf andere Pilger.
Na dann Gute Nacht...

10.07.2016. Höhenrausch und Nachschlag wegen 'is nich'

Bisherige Km: 4.938
Heutige Km: 124
Gesamt-Km: 5.062
Route: Rionegro del Puente bis Verin
Da sich der einzige andere Pilger in der Herberge von heute Nacht in einem anderen Schlafsaal einquartiert hat, musste ich mir den Wecker stellen. Der holt mich dann auch zuverlässig in den neuen Tag.
Um kurz nach sechs starte ich, dieses mal zwar ohne Frühstück, aber mit ausreichend Getränken.
Heute soll es die höchsten Gipfel dieses Caminos geben. Doch bis dahin habe ich noch etwas Zeit.
Die ersten vierzig Kilometer geht es erst mal wieder geradeaus.
Morgenperspektive... Immer schnurgeradeaus.
Dabei komme ich noch nicht ins Schwitzen. Das mag sicherlich an der Höhe von 800-1000 Meter liegen, aber auch am Morgen.
Es ist sogar so frostig, dass ich mir nach fünf Kilometern sogar meine Fleecejacke anziehen muss und trotzdem weiter friere.
Da sehne ich mir doch glatt die Morgensonne herbei.
Als diese dann beständig zu wärmen beginnt kaufe ich mir in einem kleinen Lädchen ein paar Sachen zum Frühstücken. Leider kommt meine Milch noch nicht zum Einsatz, den die ist noch immer tiefgefroren. Habe sie gestern Abend mit ein paar Getränken ins Eisfach gelegt. Egal.
Dann geht es an den ersten Aufstieg zum Pass von Padornelo. Im schön gelassen immer wärmer werdenden Morgen erreiche ich den Übergang in ca. 1.350 Metern. Dieses war der erste Streich. Langsam rolle ich auf der Rückseite des Passes wieder nach unten und mache kurz mal Halt um etwas zu trinken.
Da sehe ich plötzlich einen anderen Radpilger kurz vor mir aus einem kleinen Weg kommen.
Er fragt mich, ob ich ihn denn nicht gehört hätte? Das muss ich verneinen, da ich mir zum Höhenerklimmen etwas Musik zur Unterstützung angemacht habe. Und durch die Kopfhörer hatte ich sein Rufen nicht gehört.
Nun zeigt er mir die Richtung zu etwas, dass er selber vorhin entdeckt hatte und fährt dann weiter.
Diese Entdeckung will ich mir nun auf gar keinen Fall entgehen lassen.
Da hat doch jemand, ich nehme an das Örtchen in unmittelbarer Nähe, auf einer kleinen Ebene zwei kleine Schwimmbecken angelegt, die permanent mit frischem kühlen Quellwasser gespeist werden.
Also schnell alle Klamotten runter und rein ins kühle Nass. Was für eine tolle Erfrischung.

Mittagserfrischung, kühlende Bergquellbecken.
So etwas müsste es alle 10 Kilometer geben.
Erfrischt und neu motiviert geht es nun weiter. Da macht auch der nächste Pass, Puerto de A Canda, immerhin noch knapp 1.250 Meter gar nicht mehr so viel aus.
Fernblick auf Puebla de Sanabria.
Auch wenn es immer wieder hoch und runter geht, komme ich heute trotz höherer Temperaturen gut zurecht. Ich muss einfach rechtzeitig trinken.
Riesige Abraumflächen des hiesigen Tunnelbaus für die Schnellbahnstrecke nach Portugal.
Gegen 15:00 Uhr komme ich in A Gudiña an der Herberge an. Wie ich dort einem Aushang entnehme, ist die leider gerade geschlossen wegen Wasserschaden. Die Ausweichmöglichkeit ist gleich nebenan.
Diese schaue ich mir vorher an und entscheide, dass ich hier nicht bleiben möchte.
Desolate sanitäre Einrichtungen, dreckige Matratzen und Kopfkissen und schon fast überbelegt.
Das bedeutet für mich jedoch noch mal auf die Piste. Fünfunddreißig weitere Kilometer lautet also die Herausforderung, die ich annehme. Die ersten fünfundzwanzig Km strample ich mich durch herrliche Kiefernhügel mit Heidekrautflächen. Überall strahlen mir lila Teppichfetzen entgegen. Leider geht es immer wieder hoch und runter bis auf knapp 900 Meter. Dann werde ich erlöst und für meine Entscheidung belohnt.
Heidelandschaft auf meine Zusatzetappe.
Die letzten zehn Kilometer geht es bis auf 500 Meter in einem durch hinab. Ich lasse es einfach rollen und geniesse die leichte Abkühlung bei den hohen Temperaturen.
So gelange ich zur Herberge in der Stadt Vérin. Diese ist von einer anderen Kategorie. In einem alten historischen Gebäude, runderneuert und saniert, wurde eine schicke Herberge hergerichtet.
Hauptplatz in der Altstadt von Verin.
Hier bleibe ich gerne diese Nacht, auch wenn ich der einzige Pilger bis zum Abend bleibe.
Ich bin gespannt, wie ich hier schlafe...
Meine flotte Hetberge in Vérin.